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Szenario 1: Bildungslandschaft

(Institutions-) Übergreifende Bildungslandschaft

Das deutsche Bildungssystem ist das Ergebnis einer jahrhundertelangen Entwicklung, die bis heute, zum Jahr 2019, keinesfalls abgeschlossen ist. Angesichts aktueller tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen (z. B. Migration bzw. dem demografischen Wandel), technologischen Veränderungen (insbesondere der zunehmenden Digitalisierung in allen Lebensbereichen) sowie ökonomischer und ökologischer Veränderungen (z. B. ein stärkerer Fokus auf Nachhaltigkeit oder eine stärkere Kompetenzorientierung auf dem Arbeitsmarkt), ist davon auszugehen, dass sich das Bildungssystem bis zum Jahr 2050 deutlich wandeln wird. Das folgende Szenario (Szenario 1) beschreibt die Entwicklung des hiesigen Bildungssystems hin zu institutionsübergreifenden lokalen Bildungslandschaften, die vernetzte Lernumwelten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie deren Eltern und Familien bieten.


Ausgangspunkt und stärkster treibender Faktor in Szenario 1 stellt die Qualifikation der Fachkräfte sowie deren Rollenverständnis (SF04) dar. Das Szenario prognostiziert diesbezüglich eine kontinuierliche Vernetzung und Verschmelzung der Fachbereiche, neu definierte Rollenverständnisse der Fachkräfte sowie eine kontinuierliche gesicherte Weiterbildung (A3). Dies geht einher mit einer Diversifizierung des pädagogischen Fachpersonals in Schulen bzw. allgemein Bildungseinrichtungen (SF03), die sich durch eine strukturierte, multiprofessionelle Zusammenarbeit der verschiedenen Fachkräfte auszeichnet, die auf gemeinsamen Zielen basiert und durch gegenseitige Unterstützung und Vernetzung geprägt ist (A1). Ein weiterer entscheidender Faktor des Szenarios ist der Standort (SF05). Durch die Gewährleistung flächendeckender Bildungsangebote sowohl in städtischen als auch in ländlichen Regionen (A1) entstehen institutionsübergreifende lokale Bildungslandschaften. Während die beiden erstgenannten Faktoren kritische/dynamische Faktoren darstellen, übt der Faktor Standort zwar starken Einfluss auf die anderen Faktoren im Feld aus, wird aber selber nur wenig beeinflusst (aktiv/impulsiv).


Ein weiterer aktiver/impulsiver Faktor mit Lenkungsfunktion ist die strukturelle Gestaltung des Schulsystems (SF01). Mit institutionsübergreifend ist im weitesten Sinne die Aufhebung institutionell (strikt) getrennter Bildungseinrichtungen und ggf. auch Bildungsgänge oder zumindest eine starke Vernetzung von Institutionen und Zusammenarbeit verschiedener Einrichtungen gemeint. Schulen werden damit zu Teilen übergreifender Bildungslandschaften und fungieren weniger als autonome/eigenständige Institutionen (A1). In Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung und Lernformen (SF06) ist dann zu erwarten, dass der reguläre Klassenverband aufgehoben wird und sich die Schülerinnen und Schüler z. B. an verschiedenen „Lernstationen“ frei Unterrichtsinhalte auf unterschiedlichen Anforderungsniveaus wählen können (A3). Dieser Faktor steht wiederum in starkem Zusammenhang (starke gegenseitige Beeinflussung) mit der Leistungsbewertung (SF07). Im hier beschriebenen Szenario wird erwartet, dass die bislang noch übliche weitgehend notenbasierte Leistungsbewertung sich hin zu einer Portfolio-Erfassung des Lernverlaufes entwickelt, in der das Leistungsspektrum, z. B. in Form von “Lernentwicklungsberichten” o. Ä. gesamtheitlich beurteilt wird.


Faktoren, die die Leistungsbewertung bedeutsam beeinflussen, sind zum einen der Wert, der Kompetenzen und Wissen innerhalb der Gesellschaft beigemessen wird (SF10), und zum anderen die Bedeutung von Abschlüssen und Zertifizierung (SF14), wobei hier eine gegenseitige Beeinflussung zu konstatieren ist (würden keine Schulnoten vergeben werden, könnte diesen auch keine Bedeutung beigemessen werden). Im beschriebenen Szenario wird von einer Entwicklung hin zu einer „totalen Wissensgesellschaft“ ausgegangen, in der Kompetenzen und Wissen die wesentliche Voraussetzung des individuellen Erfolgs darstellen (A1). Mit dieser Entwicklung wechselseitig total konsistent wird eine deutlich stärkere Kompetenzorientierung auf dem Arbeitsmarkt und eine abnehmende Bedeutung von Zertifikaten erwartet (A2).


Für den Erwerb von Kompetenzen und Wissen im Kinder- und Jugendalter tragen die Bildung und Betreuung durch Schulen (SF09) und Lerngelegenheiten und Fördermaßnahmen außerhalb des klassischen Bildungswesens (SF08) bei. Im Sinne der prognostizierten Bildungslandschaft wird erstere durch ein System mit flexiblen Öffnungszeiten (insbesondere Ganztagsschulbetrieb), gesicherter Standortnähe, gut ausgebildeter Fachkräfte sowie vielfältiger und qualitativ hochwertiger pädagogischer Angebote, die an den Wandel der Gesellschaft angepasst sind, bedarfsgerecht gestaltet und für alle Heranwachsenden gleichermaßen gut zugänglich gewährleistet (A1). Außerhalb des „klassischen“ Bildungswesens wird im Zuge der Entwicklung einer institutionsübergreifenden Bildungslandschaft zudem ein frei zugängliches „Nachhilfe“ bzw. Förder-System entstehen, dass ebenfalls mit flexiblen Öffnungszeiten, gesicherter Standortnähe, gut ausgebildeten Fachkräfte sowie vielfältiger und qualitativ hochwertiger pädagogischer Angebote aufwartet (A1). Es wird deutlich, dass diese beiden Systeme nicht als eigenständige, sondern als stark verbundene Teile bzw. ggf. sogar als ein Teil der Bildungslandschaft anzusehen sind.


Ein Faktor, mit ebenfalls mittlerer Aktiv- aber etwas niedrigerer Passivsumme ist der Zugang zu digitalen bzw. virtuellen Lernangeboten (SF12), der vor dem Hintergrund der stetig zunehmenden Digitalisierung in allen Gesellschaftsbereichen eine entscheidende Rolle für die Entwicklung von Medienkompetenzen im Kinder- und Jugendalter einnimmt. Innerhalb einer übergreifenden Bildungslandschaft wird dieser Zugang flächendeckend bzw. allumfassend möglich sein (A1). Jeder Lehrende bzw. jeder Lernende besitzt dabei Materialien und Kompetenzen, diese zu nutzen. Entsprechende Software und Konzepte sind für jedes Thema verfügbar.


Nachhaltigkeit (SF13) und Chancengleichheit (SF11) stellen Faktoren dar, die im beschriebenen Szenario eher wenig Einfluss haben, selbst aber durchaus durch die zuvor beschriebenen Faktoren beeinflusst werden. Erwartet wird die Implementierung von Nachhaltigkeitsstrategien in den Bildungseinrichtungen, realisiert z. B. durch zunehmende Arbeit mit digitalen Medien, nachhaltige Verpflegung, Schulreisen etc. (A2). In Hinblick auf die Chancengleichheit im Bildungswesen wird die Entwicklung hin zu einer totalen Chancengleichheit in Theorie und Praxis erwartet, die insbesondere durch die oben genannten Zugänglichkeiten zu qualitativ gleichwertigen Bildungsangeboten unabhängig von sozialer und ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, körperlichem und geistigen Zustand, etc. gewährleistet werden soll (A1). Für die psychische und physische Gesundheit der Heranwachsenden soll durch eine medizinische und psychologische Versorgung im Kindes- und Jugendalter (SF02) gesorgt werden, die als Grundversorgung inkl. regelmäßiger Kontrollen, Präventionsmaßnahmen und „Behandlungs-“ bzw. „Ausgleichsmaßnahmen“ (z. B. durch Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf inkl. bedarfsgerechter Betreuung) in den Bildungseinrichtungen stattfindet (A1). Die Einbindung der Gesundheitssicherung in die Bildungslandschaft unterstreicht das Verständnis ebendieser als institutionsübergreifendes Gefüge, dessen Wirken über die bloße Vermittlung von Wissen weit hinausreicht.

Die mittlere Konsistenz der enthaltenen Ausprägungen der Schlüsselfaktoren liegt für dieses Szenario bei 3,81.

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